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Die Gründer:innen der inklusiven WG Bremen stehen auf der Baustelle
Die Gründer:innen der inklusiven WG Bremen stehen auf der Baustelle

Die WG Überseestadt vonInklusive WG Bremen e.V.

Eine inklusive WG im inklusiven Quartier

Autor: Lars Gerhardt

Unsere jungen Ideengeberinnen der WG waren etwa 20 Jahre alt, als wir uns das erste Mal als Initiative getroffen haben. Das war 2014. Sie wollten von zuhause ausziehen in eine coole Studierenden-WG und mit anderen jungen Leuten zusammenleben. Das ist etwas ganz Normales in dem Alter, und eigentlich müsste diese Geschichte schnell erzählt sein. Aber Neele und Sarah-Lea haben das Down-Syndrom, sie sind, wie man sagt: behindert.  

Für sie und ihren Unterstützerkreis begann ein zähes Ringen um persönliche Freiheit und Selbstbestimmung. Neele und Sarah-Lea haben im Herbst 2019 ihr Ziel erreicht: Sie gründeten mit ihren Freundinnen Mathilda und Rahel und weiteren jungen Menschen eine bunte 8er-Wohngemeinschaft. 

Unser Verein Inklusive WG Bremen hat für die erste WG im neu gebauten „Blauhaus“ in Bremen-Überseestadt eine große Wohnung angemietet. Das Blauhaus ist ein Projekt für gemeinschaftliches Leben, Wohnen und Arbeiten des Vereins Blaue Karawane und wurde vom Wohnungsbauunternehmen GEWOBA gebaut. Der Verein hat gemeinsam mit den Architekten eine besondere Wohnung für das inklusive Zusammen wohnen entwickelt: mit großem Gemeinschaftsbereich, hellen Bewohnerzimmern und natürlich ohne Barrieren. 

Inklusive Wohngemeinschaften sind zwar erstklassige Wohnangebote, aber aufwändiger als andere ambulante Wohnformen und deshalb nicht sehr verbreitet. Das wollen wir in Bremen ändern. Das Interesse an inklusivem Wohnen ist sehr groß. Eine zweite inklusive WG ist im Bremer Kaffeequartier geplant. Sie wird ebenfalls von der GEWOBA gebaut. Der Grundriss ist bereits fertiggestellt, der Einzug soll 2023 sein. Für einen dritten und vierten Standort sind wir bereits im Gespräch. Wenn es mehrere WGs gibt, wird man sich gut ergänzen: Fachkräfte können sich vertreten, wenn Sie Urlaub haben und BewohnerInnen können große Partys miteinander feiern. 

Video: Besichtigung der Baustelle

Die wichtigsten Fakten im Überblick

Träger und Partner

Träger der WG: Inklusive WG Bremen e.V.

Vermieter: GEWOBA Aktiengesellschaft Wohnen und Bauen

Ort

Bremen-Überseestadt

Entwicklungszeitraum

Januar 2015 - Oktober 2019

Bewohnerschaft

4 Menschen mit und 4 ohne Hilfebedarf, zwischen 20 und 30 Jahren.

Wohnraum

330qm, 8 Bewohnerzimmer, 1 Gästezimmer/Büro, 1 große Küchen-Wohn-Essbereich (85qm) mit 2 Balkonen, 3 Bäder (eins rollstuhlgerecht), 1 Gästetoilette, 1 Hauswirtschaftsraum, großer Flur mit Garderobe.

Besonderheit

Hochwertige Wohnung, überall Holzfußboden, im Gemeinschaftsbereich hohe Decken

Die WG ist eingebettet in das Hausprojekt "BlauHaus" der Blauen Karawane

Fragen und Antworten

Wie ist das Projekt entstanden?
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​​​​​Wie so oft sind es die Mütter: Neele, die das Downsyndrom hat, und ihre Mutter haben einen Bericht der inklusiven WG in Ludwigsburg im Fernsehen gesehen und waren begeistert. Einige Monate sind ins Land gegangen und die beiden haben eine befreundete junge Frau mit Downsyndrom, Sarah-Lea, und ihre Mutter angesprochen, ob sie gemeinsam eine inklusive WG gründen möchten. Im Januar 2015 gab es das erste Treffen. Es folgten weitere Mitstreiter, insbesondere auch eine junge Studentin aus München, die die dortigen inklusiven WGs von GLL gut kannte.

Die Initiative veröffentlichte eine Facebookseite, machte einen Flyer, kam in die Presse und ging auf Träger- und Wohnraumsuche. Mit einem von drei angefragten Trägern wurde sich die Initiative zunächst einig. Aber weder bei der Größe und Anzahl der Zimmer noch bei der konkreten Umsetzung des Konzeptes stimmten die Vorstellungen des etablierten Trägers und der neuen Initiative überein. Also gründete die Initiative einen eigenen Verein und setzte das Konzept im Bremer Wohnprojekt Blauhaus um.

Der ursprüngliche Träger hat das Konzept einer inklusiven Wohngemeinschaft dann selbst umgesetzt, weil er bereits eigenen Wohnraum dafür vorgesehen hatte. Deshalb gibt es in Bremen zwei inklusive WGs, die zwar beide auf die Initiative von Neele und Sarah-Lea zurückgehen, aber organisatorisch nichts miteinander zu tun haben.

Wer wohnt im Projekt? Und wie haben sich die Bewohnerinnen und Bewohner gefunden?
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Die beiden Gründerinnen und deren Eltern haben die beiden weiteren Mitbewohnerinnen mit Behinderung in ihrem Freundeskreis gesucht. Erst in dem halben Jahr vor Einzug wurden die Bewohnerinnen ohne Behinderung gesucht.

Wie haben Sie den Wohnraum gefunden bzw. entwickelt und finanziert?
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Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewoba hat die Wohnung innerhalb eines bereits gegründeten gemeinschaftlichen Wohnprojektes neu gebaut und vermietet sie an den Verein Inklusive WG Bremen. Weitere WGs sind in Planung.

Wie ist die Assistenz / Pflege der Bewohnerinnen und Bewohner mit Behinderung geregelt?
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Der Verein hat eine Leistungsvereinbarung mit dem Kostenträger über Erbringung der Eingliederungshilfe. Es gelten nahezu die gleichen Bedingungen wie im anderen „ambulant betreuten Wohnen für erwachsene Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen“.

Der Verein stellt für die Betreuung mit einer Fachkraftquote von 80% Pädagogen an und zu 20% Hilfskräfte. Zu diesen Hilfskräften zählen auch die Mitbewohnerinnen und Mitbewohner ohne Behinderung, die für bestimmte Unterstützungstätigkeiten eine Übungsleiterpauschale bekommen.

Die Pflege organisieren die Pflegebedürftigen selbst und gemeinschaftlich als Pflege-WG. Wenn die Freiwilligkeit auf allen Seiten es zulässt, dann übernehmen die Mitwohnenden ohne Behinderung auch einfache häusliche Pflege und erhalten dafür als Anerkennung Pflegegeld.

Wie ist das Projekt rechtlich aufgebaut? Wer ist Mieter? Wer ist Dienstleister etc.?
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Der Verein ist Hauptmieter und vermietet die einzelnen Zimmer und Gemeinschaftsräume an die Bewohnerinnen und Bewohner Es ist ein von der Betreuung unabhängiger, auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt üblicher Untermietvertrag für alle.

Mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen?
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Im Betrieb ist ein gutes Steuerbüro wichtig, das sich mit Gemeinnützigkeit auskennt. Darüber hinaus ist der Austausch im WOHN:SINN-Netzwerk existenziell. Die Bedeutung von Aktion Mensch für kleine Projekte und die Starthilfe ist sehr hoch.

Welche Tipps können Sie anderen geben, die ein Projekt wie Ihres umsetzen wollen?
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Die Gründung eines eigenen Trägers der Eingliederungshilfe ist aufwändig und kompliziert. Man sollte immer auf gute Leute hören und kooperativ in der Zusammenarbeit sein, aber gleichzeitig zielstrebig an seinen Wohnwünschen festhalten. Möglich war die Umsetzung der eigenen inklusiven WG durch ein Bündel an verschiedenen Voraussetzungen: einen aktiven, unbeirrbaren Vorstand, einen erfahrenen, zunächst ehrenamtlichen Geschäftsführer, eine Starthilfe-Förderung von Aktion Mensch und der Software AG Stiftung, sowie vielen guten Partnern, i.e. der Wohnungsbaugesellschaft Gewoba, der Bremer Sozialbehörde, der Blauen Karawane mit dem Blauhaus-Projekt, einigen großzügigen Spendern, dem Architekturbüro GSP, dem Paritätischen Bremen, dem Verein Selbstbestimmt Leben, GLL München, dem Steuerbüro Lotz und Pahl und vielen weiteren Unterstützern und Ehrenamtlichen.

Was war Ihr schönstes Erlebnis im Zusammenhang mit dem Projekt?
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Es gibt ein gemeinsames Foto von den ersten Bewohnerinnen und Bewohnern, vom ersten Abend in der ersten WG. Darauf zu schauen und zu denken, wow, wie mutig wir alle waren und wie gut es geworden ist. Dieses Gefühl ist immer wieder aufs Neue ein schönstes Erlebnis.

Ein weiteres schönstes Erlebnis war die Nachricht vom 3.2.21, dass schon in der darauffolgenden Woche alle Bewohnerinnen und Bewohner, Betreuerinnen und Betreuer sowie die Pflegepersonen der inklusiven WG gegen Corona geimpft werden sollten.

Gibt es etwas, das Sie beim nächsten Mal anders machen würden?
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Das Starthilfeprojekt war zu knapp kalkuliert. Man braucht den Umfang von zwei vollen Stellen, ein Jahr vor dem Einzugsdatum der WG, und das Ganze für bestenfalls fünf Jahre. Wir hatten eine Stelle, ein halbes Jahr vorher, für drei Jahre.