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Drei junge Frauen stehen vor einer Wand. Sie halten selbstgebastelte Schilder mit "Inklusion" und "Selbstbestimmung" in der Hand. An der Wand weitere Schlagworte wie "Ort des Zusammenlebens".
Drei junge Frauen stehen vor einer Wand. Sie halten selbstgebastelte Schilder mit "Inklusion" und "Selbstbestimmung" in der Hand. An der Wand weitere Schlagworte wie "Ort des Zusammenlebens".

Gründungsleitfaden

Zukunftsplanung: So möchte ich wohnen

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Jedes inklusive Wohnprojekt braucht eine Vision. Sie sollten deshalb sowohl für sich selbst / Ihr Kind als auch für die Gruppe eine Idee davon entwickeln, wie das Zusammenleben sein soll. Mit den Methoden der Persönlichen Zukunftsplanung und des personenzentrierten Denkens können Sie strukturiert über diese wichtigen Fragestellungen nachdenken. 

Wir erklären Ihnen, was die Persönliche Zukunftsplanung ist und wie Sie die Methoden für die Entwicklung Ihres inklusiven Wohnprojektes nutzen können.

Was ist die Persönliche Zukunftsplanung?

Die Persönliche Zukunftsplanung bietet verschiedene Methoden, um gemeinsam mit Unterstützer:innen die Zukunft einer Person zu planen. Dabei steht die planende Person mit ihren Träumen, Wünschen und Zielen im Mittelpunkt der Planung. Zusammen mit Unterstützer:innen überlegt sie, wie eine gute Zukunft für sie aussieht und wie sie ihre Stärken und Fähigkeiten einbringen kann. 

Persönliche Zukunftsplanungsprozesse eigenen sich besonders, um wichtige Veränderungen im Leben einer Person zu planen. Die Methoden sind leicht verständlich und gut strukturiert. Viele Inhalte werden visualisiert und auf die Bedürfnisse der planenden Person angepasst. Damit eignen sich die personenzentrierten Planungsmethoden insbesondere für Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung. 

Ein wichtiges Element sind sogenannte Unterstützerkreise. Dabei entscheidet die planende Person (ggf. mit Unterstützung), welche Personen sie bei der Zukunftsplanung unterstützen sollen. Dies können wichtige Menschen aus dem familiären Umfeld, Freunde und/oder Bekannte sein - aber auch weitere Menschen aus ihrem Sozialraum und/oder ihrer Lebenswelt. 

Wichtig ist, dass die Unterstützer:innen freiwillig an der Planung teilnehmen und etwas dazu beitragen können. Die Methoden lassen sich auch für Zukunftsplanungen mit Gruppen anpassen. Weitere Informationen zur Persönlichen Zukunftsplanung finden Sie hier.

Wie können Sie die Methoden der Persönliche Zukunftsplanung nutzen?

Vielleicht stehen Sie oder ihr Kind aktuell vor einer großen Veränderung? Vielleicht steht ein Auszug aus dem Elternhaus an oder der Umzug in eine eigene Wohnung? Dann ist es Zeit für die persönliche Zukunftsplanung! Je nach zeitlichen und finanziellen Ressourcen können Sie entweder die „kleineren“ Methoden des personenzentrierten Denkens erproben oder umfangreichere Planungsmethoden im Rahmen sogenannter Zukunftsfeste nutzen. 

Mitarbeiter:innen von Beratungsstellen oder ausgebildete Moderator:innen aus dem Netzwerk der Persönlichen Zukunftsplanung können dabei Sie bzw. Ihr Kind unterstützen.

Um sich seiner Wohnwünsche bewusst zu werden kann z.B. ein Plakat mit folgenden Fragen helfen:

  • Wie möchte ich wohnen?  
  • Mit wem möchte ich wohnen?
  • Was ist mir wichtig beim Wohnen?
  • Was möchte ich auf keinen Fall beim Wohnen?
  • Wo möchte ich wohnen?

Sie können so ein Plakat auch für eine WG-Gruppe erstellen. Nach dem Planungsprozess sollten sich dann die gemeinsamen Wünsche und Vorstellungen der Gruppe wiederfinden. Oft ist es hilfreich die Methode im Vorfeld mit allen Bewohner:innen einzeln durchzuführen, um dann im Anschluss Gemeinsamkeiten zu entdecken. Das WG-Leben ist ja immer auch ein Kompromiss zwischen den verschiedenen Interessen. Deshalb ist es so wichtig eine gemeinsame Vision zu entwickeln. 
Wenn die zukünftigen Bewohner:innen aus dem Elternhaus ausziehen, sollten Sie herausfinden, was den Eltern für ihr Kind in der neuen Wohngemeinschaft wichtig ist - und was dem (erwachsenen) Kind selbst wichtig ist. Mit der Waage können die beiden Sichtweisen auf einem Arbeitsblatt oder Plakat gegenübergestellt werden. Anschließend wird überlegt, was beide Seiten voneinander lernen können, damit sie den Übergang gut gestalten können. Es kann dabei hilfreich  sein, dass die Bewohner:innen ihre Seite der Waage mit einer unabhängigen Vertrauensperson vorbereitet. 

Weitere Beispiele für die „kleineren“ Methoden des personenzentrierten Denkens finden Sie im Minibuch hier

MAPS oder PATH – die größeren Planungsmethoden

Die „größeren“ Planungsmethoden heißen MAPS oder PATH. Im Rahmen von Zukunftsfesten werden teilweise beide Methoden kombiniert. Bei diesen Methoden lädt die planende Person ihre Unterstützer:innen für einen halben oder ganzen Tag an einen schönen Ort ein. Dort wird mittels vorbereiteter Plakate und Leitfragen ein Zukunftsfest gefeiert. Dafür braucht es eine gute Vorbereitung mit erfahrener Moderation. (Moderator:innen in ihrer Region können Sie über die Seite des Netzwerks Persönliche Zukunftsplanung finden.)

Sie können als Kerngruppe auch ein Zukunftsfest für ihr inklusives Wohnprojekt durchführen. Hierfür laden Sie alle wichtigen Unterstützer:innen ein und planen gemeinsam die nächsten Schritte. Die Planung wird von der Zukunft hergedacht. So wird als erstes der sogenannte „Nordstern“ entwickelt, welcher die leitenden Ideen und Visionen der Gruppe beinhaltet. 

Im nächsten Schritt wird der Planungszeitraum festgelegt. Wenn Sie möchten, dass ihr Wohnprojekt in drei Jahren umgesetzt ist, so wählen Sie diesen Zeitraum und überlegen, wie das Projekt zu diesem zukünftigen Zeitpunkt aussieht. Hierfür machen Sie eine „Zeitreise“ mit allen Beteiligten. Dann geht die Gruppe rückwärts in Richtung Gegenwart und überlegt zunächst, was nach der Halbzeit geschafft sein sollte, bis hin zu den nächsten Schritten, die gegangen werden sollten. Das Ganze mündet in einem sogenannten Aktionsplan, in dem klare Verantwortlichkeiten und Termine gesetzt werden. Mit einer wertschätzenden Grundhaltung wird auf die Bedürfnisse, Stärken und Fähigkeiten jedes bzw. jeder einzelnen Person geachtet. Umrahmt wird die Planung mit guten Essen, kleinen Aktivitäten und - wenn gewünscht - einer musikalischen Untermalung.

Wer kann mich bei der Persönlichen Zukunftsplanung unterstützen?

Im deutschsprachigen Raum gibt es das Netzwerk Persönliche Zukunftsplanung. Hier haben sich wichtige Akteure der Persönlichen Zukunftsplanung vernetzt. Einzelne Netzwerkpartner bieten regelmäßig Weiterbildungen zum Moderator bzw. zur Moderatorin in Persönlicher Zukunftsplanung an. Dadurch gibt es bereits eine große Zahl an ausgebildeten Moderator:innen die bei Planungsprozessen unterstützen können.

Auch viele Beratungsstellen für Menschen mit Behinderungen haben sich mit den Methoden der Persönlichen Zukunftsplanung beschäftigt. Auch wenn nicht in allen Beratungsstellen ausgebildete Moderator:innen arbeiten, so können dennoch viele bei der Anwendung von Methoden des personenzentrierten Denkens unterstützen.

Beispiele aus der Praxis

Im Rahmen des Modellprojekts „WOHNEN mittendrin“ des Lebenshilfe Dresden e.V. haben viele Menschen mit Behinderungen eine Art Steckbrief zum Wohnen erstellt. Wie oben beschrieben, haben sie darin ihre Wohnwünsche und Vorstellung eines Zusammenlebens beschrieben. Anschließend konnten sie diese im Rahmen einer sogenannten Wohnbörse ausstellen und potenzielle Wohninteressenten konnten miteinander in Kontakt kommen.

Die Inklusive Wohngemeinschaft Ludwigshafen (IGLU) hat schon seit seiner Gründung die Methoden der Persönlichen Zukunftsplanung für ihre Projektentwicklung genutzt. Sowohl für einzelne Bewohner:innen als auch für die gesamte Projektgruppe.

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