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Drei junge Frauen stehen vor einer Wand. Sie halten selbstgebastelte Schilder mit "Inklusion" und "Selbstbestimmung" in der Hand. An der Wand weitere Schlagworte wie "Ort des Zusammenlebens".
Drei junge Frauen stehen vor einer Wand. Sie halten selbstgebastelte Schilder mit "Inklusion" und "Selbstbestimmung" in der Hand. An der Wand weitere Schlagworte wie "Ort des Zusammenlebens".

Gründungsleitfaden

Inklusives Wohnen kennenlernen

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In inklusiven Wohnformen leben Menschen mit Behinderung selbstbestimmt und in aktiver Gemeinschaft mit anderen Menschen. Was das genau bedeutet, erklären wir Ihnen in diesem Artikel. Für den leichten Einstieg ins Thema zeigen wir Ihnen, welche Modelle sich bewährt haben und wo Sie sich über ihre Möglichkeiten informieren können.

Definition: Was ist inklusives Wohnen?

Inklusives Wohnen ist zunächst einmal Ihr gutes Recht. In Artikel 19 spricht die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (kurz: UN-BRK) allen Menschen mit Behinderungen die gleichberechtigte Möglichkeit zu, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben. Demnach kann niemand dazu verpflichtet werden, in einer besonderen Wohnform wie einem Wohnheim zu leben. Deutschland hat die Konvention unterschrieben, seit 2009 ist sie bundesweit geltendes Recht. Viele staatliche Reformen wie das Bundesteilhabegesetz sind darauf ausgerichtet, die UN-BRK in Deutschland umzusetzen.

Für inklusives Wohnen gibt es verschiedene Definitionen. Wir von WOHN:SINN verstehen unter inklusiven Wohnformen Orte, an denen Menschen mit Behinderung selbstbestimmt und in aktiver Gemeinschaft mit anderen Menschen zusammenleben – zum Beispiel in einer Wohngemeinschaft Hausgemeinschaft oder lebendigen Nachbarschaft. Zu betonen sind hier die beiden Grundpfeiler „Selbstbestimmung“ und „aktive Gemeinschaft“.

Selbstbestimmung bedeutet, dass Bewohner:innen inklusiver Wohnformen selbst über ihren Alltag entscheiden können. Zum Beispiel bestimmen sie selbst, wann sie bei was Hilfe benötigen oder wie sie ihre Freizeit, Partnerschaft oder andere private Dinge gestalten. Entscheidungen, die die (Haus- oder Wohn-) Gemeinschaft betreffen, werden gemeinschaftlich getroffen.

Mit aktiver Gemeinschaft treten inklusive Wohnformen der Vereinsamung und Ausgrenzung entgegen, die von Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen immer wieder als Hinderungsgrund für eine ambulant begleitete Wohnform genannt werden. Unter aktiver Gemeinschaft verstehen wir dabei mehr als das Grüßen auf dem Hausflur. Es geht im wörtlichen Sinne um das gemeinsame aktiv sein. Dies kann je nach Konzept unterschiedlich ausgestaltet werden – von der Pflege des Gartens bis hin zu Assistenzdiensten im Alltag. Eine häufig genutzte Möglichkeit, ist das „Wohnen für Hilfe“-Modell. Hier können Bewohner:innen ohne Hilfebedarf durch Dienste, wie die Assistenz für Menschen mit Behinderung, ihre Miete reduzieren.

Formen: Welche Modelle haben sich bewährt?

Inklusive Wohnformen können in drei Kategorien gegliedert werden: Wohngemeinschaften, Hausgemeinschaften und Quartiersprojekte. Nicht immer lassen sich die Konzepte in der Praxis klar zuordnen. Auch Kombinationen kommen vor, beispielsweise eine inklusive WG in einer Hausgemeinschaft oder ein Hausprojekt in einem inklusiven Quartier.

In inklusiven Wohngemeinschaften leben Menschen mit und ohne Behinderung in einer Wohnung oder einem Einfamilienhaus zusammen und führen einen gemeinsamen Haushalt. Charakteristisch ist das Teilen einer gemeinsamen Wohnküche, teilweise auch der Bäder. Das Klientel sind häufig junge Leute unter 35. In den 80er Jahren entwickelte der Verein Gemeinsam Leben Lernen e.V. in München das Konzept einer inklusiven 9er-WG für fünf Menschen mit sog. geistigen Behinderungen und vier Menschen ohne Behinderungen. Dieses Konzept diente vielen anderen Projekten als Vorlage oder Orientierung. Es gibt jedoch auch kleinere – oft privat organisierte – WGs mit weniger Bewohner:innen. WGs mit mehr als 10 Personen sind eher selten.

Inklusive Hausgemeinschaften bieten in der Regel verschieden große Wohnungen für Singles, Paare und Familien. Auch die Kombination mit WGs ist möglich (z.B. inklusiv wohnen Köln). Zusätzlich gibt es gemeinschaftlich genutzte Flächen wie Gemeinschaftsräume, Waschräume, Gärten, Co-Working-Spaces oder ähnliches. Hier ist das Klientel bunter über verschiedene Altersgruppen und Lebensphasen gemischt. Teilweise sind solche Hausprojekte als Genossenschaften organisiert. Hier haben alle als Genoss:in ein Stimmrecht bei Gemeinschaftsentscheidungen. (z.B. WIR – Wohnen Inklusiv Regensburg e.G.).

Inklusion endet nicht an der Haustür und so wird gerade in größeren Neubaugebieten die Quartiersebene in den Blick genommen. Als Quartier wird dabei nicht ein exakt abgegrenztes Gebiet bezeichnet, sondern die jeweilige Lebensumgebung eines Menschen, die sich nach Persönlichkeit, Mobilität und Lebensphase unterscheiden kann. Gerade für Menschen mit eingeschränkter Mobilität ist die nähere Umgebung von großer Bedeutung. Ein gelungenes Beispiel für ein inklusives Quartiersprojekt ist das BlauHaus, das durch die Blaue Karawane e.V. angestoßen und von der Wohnungsbaugesellschaft GEWOBA gebaut wurde. Das Quartiersprojekt in der Bremer Überseestadt bietet neben 83 Wohnungen das Quartierszentrum „Blaue Manege“, ein Kinderhaus und vieles mehr. Auch der Verein Inklusive WG Bremen e.V. hat hier seine erste Wohngemeinschaft eröffnet.

So verschieden wie die Menschen sind, so verschieden sind natürlich auch ihre Bedürfnisse, Wünsche und Fähigkeiten. Welche Wohnform die passende Wahl ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Bei der Einschätzung kann unser Artikel „Chancen und Grenzen des inklusiven Wohnens” helfen. 

Tipps: Wo kann ich mich informieren?

In unserem Onlineportal finden Sie umfassende Informationen zu inklusivem Wohnen:

  • Im Bereich ‘Inklusives Wohnen erklärt’ bieten wir Ihnen einen Einstieg ins Thema aus sechs unterschiedlichen Perspektiven – für Menschen mit Behinderungen bis hin zu Investoren.
  • Ergänzend zu den bereits verlinkten Projekten stellen wir Ihnen hier weitere Best Practice Beispiele vor.
  • Falls Sie tiefer in die Thematik einsteigen möchten, finden Sie in unserer digitalen Bibliothek zahlreiche Publikationen, Artikel, Videos und Materialien.
  • In unserer interaktiven Wohnprojekte-Karte können Sie sich einen Überblick über Angebote, Projektgruppen und Interessierte vor Ort verschaffen.

Ganz besonders möchten wir Ihnen unsere monatliche Infoveranstaltung „Inklusives Wohnen für Einsteiger” ans Herz legen. In 2,5 Stunden führen Sie unser Geschäftsführer Tobias Polsfuß und unser Vorstandsmitglied Pierre Zinke an das Thema heran – und das ganz bequem als Videokonferenz über Zoom. Weitere Veranstaltungen finden Sie in unserem Terminkalender.

Neben unseren Angeboten empfehlen wir Ihnen auch einen Besuch der örtlichen Teilhabeberatungsstelle. Die Berater:innen können Ihnen zumeist einen guten Überblick über die Angebote und Entwicklungen vor Ort geben.

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